Wir bieten verschiedene mobile Lösungen für das Recycling von Kunststoffen an. Da wir immer wieder ähnliche, grundsätzliche Fragen zu den Möglichkeiten bekommen, behandelt dieser Beitrag die wesentlichen Punkte rund um NIR.

NIR ist die vorherrschende Technologie in der Sortierung von Kunststoffen. Ohne NIR werden die Ziele der EU Kommission für den EU Green Deal nicht erreicht werden können. Wichtig ist zu verstehen, was NIR gut kann & wo NIR Schwächen hat, mit dem Ziel, die Technik bestmöglich einzusetzen. Dazu soll dieser Artikel beitragen. In diesem Text geht es daher unter anderem darum, was NIR ist, wie es funktioniert und wo die Grenzen der Technologie liegen (insbesondere bei der Kunststoffsortierung).

Inhaltsverzeichnis

Teil 1: Was ist Nahinfrarotspektroskopie?

Teil 2: Warum ist NIR die vorherrschende Technologie in der Sortierung?

Teil 3: Was sind die Grenzen von NIR?

Teil 4: Wofür verwendet man einen Referenzstandard?

Fazit: Warum müssen wir nach weiteren technischen Lösungen für das Sortieren suchen?

Teil 1: Was ist Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)?


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Die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) ist eine spektroskopische Technik, die den Nahinfrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums nutzt, um die Absorption und Streuung von Licht durch Proben zu messen. Diese Technik wird in einem breiten Spektrum von Anwendungen eingesetzt, von der Pharmazie bis zur Lebensmittelwissenschaft.

Was sind gängige Anwendungen der NIR-Spektroskopie?


Die Nahinfrarotspektroskopie wird in einer Vielzahl von Branchen für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. Einige gängige Einsatzbeispiel für NIR in unterschiedlichen Bereichen:

  1. Pharmazeutika / Pharmazeutische Industrie – NIRS kann zur Messung der Reinheit von Arzneimitteln und zum Nachweis von Verunreinigungen eingesetzt werden. NIR Scanner werden auch für die Wareneingangsprüfung (Ausgangsstoffprüfung) in Apotheken eingesetzt.
  2. Lebensmittelwissenschaft – NIRS kann zum Nachweis von Verunreinigungen in Lebensmitteln verwendet werden. So wird zum Beispiel die Sicherheit von Lebensmitteln gewährleistet und Lebensmittelvergiftungen verhindert.
  3. Kunststoffrecycling – Die NIR-Spektroskopie wird eingesetzt, um die Qualität von Kunststoffen zu analysieren und zu prüfen, wie sie im Recyclingprozess verwendet werden können. Diese Technik wird von Unternehmen eingesetzt, die Kunststoffe herstellen, weil sie wissen müssen, ob das von ihnen hergestellte Produkt bestimmten Normen entspricht oder nicht.

Die NIR-Spektroskopie ist eine Technik zur Messung der Molekulargewichtsverteilung von Kunststoffen. Dies geschieht durch Messung der Absorption von Infrarotstrahlung bei verschiedenen Wellenlängen. Mit der NIR-Spektroskopie lässt sich schnell feststellen, welche Arten von Kunststoffen vorhanden sind, und sie bietet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten in Recyclingprozessen.

Teil 2: Warum ist die NIR die vorherrschende Technologie zur Sortierung von Kunststoffen im Kunststoffrecycling?


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Es gibt eine Reihe von Gründen, warum die NIR-Spektroskopie die vorherrschende Technologie für die Sortierung von Kunststoffen im Kunststoffrecycling ist.

  • Erstens handelt es sich um eine extrem schnelle Technik, die innerhalb von Millisekunden Ergebnisse liefern kann. Mobile Geräte identifizieren im Allgemeinen in 2-3 Sekunden einen Kunststoff.
  • Zweitens ist sie zerstörungsfrei, was bedeutet, dass der Kunststoff nach der Analyse recycelt werden kann.
  • Und schließlich kann sie zur Identifizierung einer breiten Palette verschiedener Kunststoffarten eingesetzt werden, was für ein effektives Recycling unerlässlich ist.

Wie wird NIR im Kunststoffrecycling eingesetzt?


Die NIR-Spektroskopie wird beim Kunststoffrecycling hauptsächlich auf zwei Arten eingesetzt:

  • Erstens wird NIR dazu verwendet, um Kunststoffabfälle in verschiedene Kategorien einzuteilen. Dazu werden die Absorptionsbanden der verschiedenen Kunststoffe identifiziert und diese Informationen dann zur Trennung verwendet.
  • Zweitens wird mit Hilfe der NIR-Spektroskopie der Reinheitsgrad des recycelten Kunststoffs bestimmt. Dazu wird die Absorption von Infrarotstrahlung bei verschiedenen Wellenlängen gemessen und anschließend mit einem Standard verglichen.

Teil 3: Was sind die Grenzen von NIR?


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Vorteile der NIR Methode

Mit der NIR-Spektroskopie lassen sich extrem schnell und zerstörungsfrei Kunststoffarten unterscheiden, daher sie bietet viele Anwendungsmöglichkeiten in Recyclingprozessen. Allerdings ist die NIR-Spektroskopie nicht ohne Einschränkungen:

Nachteile der NIR Methode

  • Damit NIR gut funktioniert, braucht es ein gutes NIR Signal. So weit so klar. Ein gutes Signal erhalten sie, wenn sie genügend Material vor dem Sensor haben und das Signal stark reflektiert und nicht breitbandig absorbiert wird. Eines der Hauptprobleme im Recycling ist, dass die Kunststoffproben oft diese Kriterien nicht erfüllen:
    • Kunststoffmahlgut ist zu klein.
    • Folien sind transparent und dünn.
    • Folien sind zudem oft aus mehreren Schichten aufgebaut. Dadurch erhalten sie nur ein Durchschnittsspektrum aller Schichten.
    • Ruß gefärbte Kunststoffe absorbieren das Signal, eine Unterscheidung wird damit unmöglich.
  • Außerdem kann die NIR-Spektroskopie nur zur Identifizierung einer begrenzten Anzahl verschiedener Kunststoffarten verwendet werden. Viele Sortierlösungen beschränken sich auf weniger als 20 Kunststoffarten, in manchen Fällen sogar deutlich weniger, vor allem, wenn eine schnellere Sortierung erforderlich ist. (Welche grundlegenden Parameter bei der Entwicklung solcher Lösungen berücksichtigt werden müssen, werden wir in einem späteren Blogbeitrag erläutern.)

Trotz dieser Einschränkungen ist die NIR-Spektroskopie immer noch die effektivste Technik für die Sortierung und das Recycling von Kunststoffen. Wichtig ist zu verstehen, was NIR gut kann, statt sich darauf zu fokussieren, was NIR nicht kann. Dazu soll dieser Artikel beitragen und gerne beraten wir sie zu ihrer individuellen Aufgabe.

Die NIR Lösungen in unserem Portfolio sind universell einsetzbar

Die Aussage aus Teil 3 scheint der Aussage aus Teil 2 zu widersprechen (bezogen auf die Anzahl der unterscheidbaren Kunststoffe), doch dem ist nicht so: Wird ein großer Wellenlängenbereich verwendet (wie z.B. bei unseren mobilen, universell einsetzbaren Lösungen), können viele Kunststoffarten unterschieden werden. Jedoch dauert eine Messung länger.

Wird hingegen das Spektrum nur an wenigen Stellen abgetastet sind Wiederholraten von bis zu 40 kHz möglich. Dafür müssen sie aber im Vorfeld bereits eine Handvoll Kunststoffarten benennen, für die dann eine stark auf Geschwindigkeit optimierte Hardware ausgewählt wird.

Beispiele, wie unsere Produkte ausgelegt sind:

  • Die Lösung von trinamiX zur Identifikation von Standardkunststoffen enthält ca. 20 Kunststoffe, kann die NIR Recycelbarkeit von Kunststoffen abschätzen und Mehrschichtfolien auf bestimmte Materialen prüfen.
  • Der Solid Scanner lässt sich individuell mit Referenzdaten bestücken und eignet sich daher besonders für Wareneingangsprüfungen und Labore.
  • Der Liquid Scanner wurde explizit für das Bestimmen (transparenter) Flüssigkeiten entwickelt.
  • Unsere HSI NIR Kameralösungen für Mahlgut setzen eine Mindestgröße von 2 mm x 2 mm voraus.

Unsere Produkte sind alle auf eine universelle Anwendung ausgelegt.

Wie gut lässt sich ihre Aufgabe mit NIR lösen?

Warum kann mit Ruß gefülltes Material nicht erkannt werden?

Eine der wichtigsten Einschränkungen der NIR-Spektroskopie besteht darin, dass sie Kunststoffe, die mit Ruß gefüllt sind, nicht erkennen kann. Das liegt daran, dass Ruß die Infrarotstrahlung sehr stark absorbiert und daher schwer von anderen Kunststoffen zu unterscheiden ist. Tatsächlich erhält man ein „Nicht-Signal“, das sich entsprechend stark von allen anderen Signalen unterscheidet. Man kann also schwarze Kunststoffe von allen anderen unterscheiden, aber nicht schwarze Kunststoffe voneinander.

Welche Möglichkeiten gibt es, schwarze Kunststoffe zu unterscheiden?

Auch dazu werde ich später einen separaten Blogbeitrag schreiben, der mögliche Alternativen aufzeigen wird. Vorerst also nur ein paar Ideen.

Im Grunde ist das Erkennen und Sortieren von schwarzen Kunststoffen DAS große Problem im Kunststoffrecycling. Es gibt jedoch einige Ansätze, um das Problem zu lösen:

  • MIR: NIR arbeitet ungefähr im Bereich von 1.000 nm bis 2.500 nm. Schwarz wird „sichtbar“, je weiter man ins mittlere Infrarot (MIR, ab ca. 3.000 nm) geht. Allerdings sind die technischen Lösungen hier noch nicht wirklich für Recyclinglösungen im industriellen Bereich geeignet (mehr dazu in einem separaten Beitrag). Hersteller sind unter anderem Innospec und Specim.
  • Elektrostatische Aufladung: Schwarzes PE und PP lassen sich durch elektrostatische Aufladung recht gut trennen. Der eine Kunststoff kann elektrostatisch aufgeladen werden, der andere nicht. Während des Fallens der Teilchen werden mit Hilfe eines Magneten die geladenen von den ungeladenen Teilchen getrennt. Ein bekannter Hersteller von solchen Lösungen ist Hamos.

Teil 4: Wozu wird ein optischer Referenzstandard aus weißem PTFE verwendet?


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Ein optischer Referenzstandard aus weißem PTFE eignet sich gut zur Kalibrierung von NIR-Spektroskopiegeräten. PTFE weist eine sehr geringe Absorption von Infrarotstrahlung auf, daher lässt sich damit die Absorption anderer Kunststoffe genau bestimmen. Daher trägt die Verwendung eines PTFE-Referenzstandards dazu bei, dass die Ergebnisse der NIR-Spektroskopie genau sind. Mit Ruß gefülltes Material hat eine sehr hohe Absorption und ist daher das Gegenteil von weißem PTFE.

Wozu wird ein optischer Referenzstandard beim Kunststoffrecycling verwendet?

Aufgrund der geringen Absorption des NIR-Signals bzw. der hohen Reflexion ist der Reflexionsstandard ideal geeignet, um das NIR-Signal zu reflektieren. Ein Reflexionsstandard „spiegelt“ das Signal praktisch. Dieses Zubehör ist daher ideal für die Messung von dünnen Kunststoffen, z. B. Folien. Mit dem Reflexionsstandard durchläuft das NIR-Signal das Material zweimal. Andernfalls würde das Signal kaum vom Material selbst reflektiert werden und es gäbe nur ein sehr, sehr schwaches NIR-Signal. Dies würde die Identifizierung von dünnen und/oder transparenten Materialien, wie z. B. Folien, praktisch unmöglich machen.

Was ist eine diffuse Reflexion?

Oberflächen reflektieren Licht auf verschiedene Weisen. Diffuse Reflexion liegt vor, wenn das Licht in alle Richtungen reflektiert wird. Fällt Sonnenlicht auf eine raue Oberfläche wie Sand oder Kies, tritt diese Form der Reflexion häufig auf. Optisches PTFE (das für den Referenzstandard verwendete Material) ist ein diffuser Reflektor.

Fazit: Warum müssen wir nach weiteren technischen Lösungen für das Sortieren suchen?


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NIR hat einige wesentliche Vorteile, welche Nahinfrarotspektroskopie im Kunststoffrecycling unersetzlich machen:

  • Schnell
  • Universell
  • Zerstörungsfrei

Aus diesen Gründen gibt es seit Jahren viele Hersteller passender Lösungen, die diese Technik immer weiterentwickelt haben. So wurde NIRS zu einer etablierten Lösung und verfügbar in verschiedenen Preisklassen und Leistungsstufen.

Dennoch sehen wir in unserer täglichen Arbeit, dass es hier noch viele Fragen zu beantworten gilt. Fachleute (z.B. Recyclingfirmen) kommen mit vielen Fragen rund um schwarze Kunststoffe auf uns zu oder haben grundlegende Fragen zur Auslegung von NIR Anlagen. So wollen sie verstehen, was sie von einer NIR Lösung erwarten können und was nicht. Und vor allem: Warum?

Die Frage, warum schwarze Kunststoffe nicht erkannt werden können und warum für Folien zwingend ein Referenzstandard notwendig ist, sind nur einige Beispiele. Der Wunsch mehr Kunststoffe im Kreislauf zu halten, lässt viele Recyclingfirmen nach passenden technischen Lösungen für die nächste Ausbaustufe suchen.

Doch der EU Green Deal bringt auch viele Menschen zu uns, die bislang gar nichts mit NIR zu tun hatten, obwohl sie in der Kunststoffindustrie tätig sind. Zum Beispiel Einkäufer, die bis dato Virgin-Material bei großen Herstellern orderten. Eine Bestimmung der angebotenen Ware war schlicht nicht notwendig.

Die Ausbildung von Kunststofftechnikern ist ein weiteres Feld, ebenso wie das Wiederverwerten von Kunststoffabfällen aus dem 3D Druck, der auch im privaten Umfeld viel verwendet wird.

Überall braucht es mir Wissen rund um NIR und alternative Techniken. Daraus ergeben sich folgende Handlungsfelder:

  • Es werden weiterhin taugliche Lösungen für das Recycling von Kunststoffen gesucht. Die Grenzen von NIR müssen klarer verstanden werden. Schwarze Kunststoffe, Folien, schnelle vs. universelle Anlagen sind nur einige Stichworte.
  • Es braucht einfache Methoden zum Bestimmen aufbereiteten Kunststoffes, egal ob in Form von Mahlgut oder Rezyklaten.
  • Es braucht kostengünstige Lösungen für den breiten Einsatz im privaten Umfeld und bei Firmen, die viel mit 3D Druck experimentieren.

Es gilt die Augen in alle Richtungen offen zu halten, passende eigene Entwicklungen anzustoßen, aber vor allem mit den vorhandenen Lösungen mehr Wissen rund um NIR bzw. im Umgang mit NIR zu schaffen.

Sprechen sie uns an! Gerne teilen wir unser Wissen, welche Lösung am besten zu ihrer Anwendung passt. Das beginnt mit sehr einfach zu bedienenden, portablen NIR Geräten bis hin zu industriellen Systemen mit kundenindividuellen Analysesoftware.

Wenn sie Interesse an Neuigkeiten im Bereich NIR oder zu alternativen Technologien haben: Schicken sie uns eine kurze Nachricht, damit wir sie auf dem Laufenden halten können.

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