Anwenderbericht: PVC anhand TiO2-Anteilen unterscheiden

 

Kann PVC nur anhand unterschiedlicher Pigmentanteile sicher unterschieden werden? TiO2 wird zum Einfärben von Kunststoffen verwenden, doch Nahinfrarotspektrometer „sehen“ dieses anorganische Pulver nicht. Wie wir die Proben dennoch mit dem NIR Scanner sicher unterscheiden konnten.

 

 

Aufgabenstellung: Alternativen zu teuer und aufwändig

Wie einen Kunststoff schnell und sicher unterscheiden, der mit gängigen Verfahren gar nicht zu unterscheiden ist? Mit dieser Fragestellung kam ein Kunde auf uns zu. Es ging dabei darum, wie sich PVC Profile mit minimal unterschiedlichen TiO2-Anteilen sicher unterscheiden lassen. Klar, mit der entsprechenden Laborausrüstung ist das durchaus möglich, jedoch mit einem unverhältnismäßigen (Zeit-)Aufwand. In diesem speziellen Fall sollten jedoch regelmäßig in kurzen Abständen Stichproben direkt in der Produktion gezogen und ausgewertet werden. Übliche Klopf-, Brenn- oder Riechproben versagten hier komplett, andere Methoden – wie z.B. DSC – dauerten zu lange. Damit wurde meist gar nicht, statt zu teuer, geprüft.

Gesucht wurde eine neue Art der Prozesskontrolle direkt in der Produktion.

 

Herausforderung: Minimale Unterschiede TiO2 erkennen

Die Herausforderung bestand nicht nur darin, verschiedene PVC Materialien – die sich nur in Nuancen in ihrem TiO2-Anteil unterschieden – auseinander zu halten, sondern auch einen Weg zu finden wie dieses anorganische Pulver überhaupt gemessen werden kann. Anorganische Pulver gehörten neben Metallen und rußgefärbten Materialien zu den wenigen Stoffen, die mit Nahinfrarottechnik nicht vermessen werden können.

 

Herangehensweise

Einmessen

Es war unser Glück, dass bei diesem Kundenprojekt der einzige variable Parameter der Titandioxid-Anteil war. Weiterhin konnte ausgeschlossen werden, dass andere Kunststoffe gescannt wurden, womit wir uns rein auf die Unterschiede, die durch das TiO2 entstehen würden, konzentrieren.

Zunächst vermaßen wir verschiedene Proben, die zu einer der beiden Gruppen gehörten: niedriger oder hoher TiO2 Anteil.

Rohspektren aller eingemessenen Proben (insgesamt 5 Proben). Da die Unterschiede sehr klein sind und wir vermuten mussten, dass wir bereits in die Ungenauigkeit des Scanners kamen, erstellten wir sehr viele Messungen, um ein gutes Bild von der Streuung der Messwerte zu erhalten.
Alle gemessenen Spektren in der 3D-Clusterdarstellung. Zu unserem Erstaunen arbeitet der Scanner jedoch genauer als zunächst gedacht: Selbst kleinste Unterschiede kamen klar zum Vorschein, auch bei vielen Wiederholungen.

Um Streuungen bereinigtes Profil der beiden Gruppen.

Ein einziger Wert streute leicht, den wir löschten, um schärfere Profile der Kunststoffe zu erhalten. Es ist gut zu sehen, dass sich klar zwei Gruppen ausbilden, innerhalb der Gruppen eine sichere Unterscheidung jedoch nicht gewährleistet ist.

 

TiO2 Anteil qualitativ bestimmen

Ein Teil der Ausgangsfrage war unter anderem, wie das Titandioxid die Messergebnisse verändern würde. Die Differenzdarstellung der bearbeiteten Spektren gibt hier die Antwort: TiO2 bildet im NIR Spektrum keine Peaks, sondern streut sehr breitbandig und reflektiert damit das NIR Signal aller anderen Bestandteile gleichmäßig über das ganze Spektrum hinweg:

Die NIR-Signale der Materialien mit den höheren TiO2-Anteilen werden stärker reflektiert. Die höheren Peaks gehören daher zu dieser Gruppe.

Doch welche Gruppe ist nun die Gruppe mit dem höheren bzw. niedrigeren TiO2-Anteil? Das lässt sich nun einfach beantworten: In der Differenzdarstellung (oben) ist die Gruppe mit den höheren Peaks die Gruppe mit dem höheren TiO2-Anteil. Wie man ebenfalls gut erkennen kann sind alle Peaks über das ganze Spektrum hinweg höher – TiO2 reflektiert das ganze Spektrum. Somit konnten wir den höheren TiO2-Anteil indirekt über die relative Höhe der Peaks bestimmen.

 

Gruppieren

Alle Proben wurden in zwei verschiedene Gruppen zusammengefasst, um die Unterscheidung zu vereinfachen.

Da es in diesem Projekt nur um die Unterscheidung in diese zwei Gruppen ging überschrieben wir die Datensätze der Proben. Aus den Proben „Rot“ und „Dunkelblau“ wurde die Gruppe „DBR“; aus den Proben „Grün“, „Pink“ und „Hellblau“ die Gruppe „HBPR“.

Durch die offenen Datenformate können Sie mit jedem Texteditor die Spektren verändern und so die Spektren verschiedener Materialien einfach und schnell zu Gruppen zusammenfassen, indem Sie die Dateien an den relevanten Stellen abändern.

So entstanden in kurzer Zeit zwei Gruppen, die der Kunde nun direkt verwenden kann.

 

Fazit

Dieses Kundenprojekt war geprägt von zwei Herausforderungen: Erstens, Proben die sich nur in ihrem Pigmentanteil unterschieden – die Unterschiede in der NIR Signatur waren somit minimal. Zweitens, TiO2 als farbgebendes Pigment gehört als anorganisches Pulver zu den Materialien, die mit NIR nicht vermessen werden können.

Es zeigte sich jedoch, dass der Solid Scanner diese durch die Pigmente minimalen Unterschiede erkennen konnte und das Titandioxid das Spektrum über die ganze Bandbreite gleichmäßig reflektierte. So wurden die Spektren zum einen vergleichbar und zum anderen konnte indirekt über die Dämpfung des Signals die Proben mit dem hohen von den Proben mit dem niedrigen Titandioxidgehalt sicher unterschieden werden.

Damit ist der Kunde in der Lage mit Hilfe der NIR Technik diese minimal unterschiedlichen Materialien in der Produktion innerhalb von Sekunden sicher zu unterscheiden.

 

Verwendete Produkte

Hardware

Software

Zubehör

  • Keines

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